24. Januar – 7. Februar 2013

 

Erster Teil vom Südatlantik

 

Am 24. Januar verlassen wir Namibia. Bevor wir in Walvis Bay lossegeln, stellen wir am Mittag schon einmal unsere Borduhr um eine Stunde um. So haben wir unterwegs eine Zeitverschiebung weniger. Vor uns liegen ca. 1.200 sm bis zu unserem nächsten Ziel. Wir wollen nach St. Helena, die Insel, die hauptsächlich als Verbannungsort von Napoleon berühmt wurde. Ein kleiner Punkt mitten im Südatlantik, den wir treffen wollen.

 

Angesichts der Länge der Etappe ist es völlig egal zu welcher Uhrzeit wir starten, denn die Ankunftszeit kann man eh nicht vorher sagen auf diese Distanz. So machen wir uns nach dem Frühstück und einem letzten Landgang mit Dusche in Ruhe startklar. Bango wird ordentlich auf der Badeplattform verstaut und das Schiff seeklar aufgeräumt. Um 13.15 Uhr ist es dann so weit, die Mooringleine wird gelöst und zehn Minuten später gleiten wir unter gereffter Genua und Groß bei einem WSW-Wind mit 3-4 Beaufort segelnd aus der großen Bucht von Walvis Bay hinaus. Gerefft, weil in der Bucht viele Schiffe ankern und wir gemütlich aus der Bucht wollen. Der Wind dreht dann im Laufe der nächsten Stunden über Süd nach Südost und gegen 17.00 Uhr laufen wir unter Groß, Genua und Fock Kurs 280 Grad. Im Laufe des Abends wird der Wind immer schwächer und das Ende vom Lied: Gegen 20.00 Uhr muss der Motor helfen. Gemeiner Weise drehte der Wind doch glatt auf West und blies uns schwächlich mit 2 Beaufort fast auf die Nase.

 

Der Motor ging dann morgens gegen kurz vor vier Uhr wieder aus, denn der Wind drehte langsam wieder südlicher und wurde ein Hauch mehr. Im Nordosten Richtung Land sahen wir die ganze Zeit Wetterleuchten.

 

Kurz nach Wachwechsel um vier Uhr sahen wir einen Frachter gen Süden fahren. Es blieb das einzige Frachtschiff bis St. Helena, welchem wir begegneten. Entsprechend entspannt war in der Hinsicht das Wache gehen auf der ganzen Strecke.

 

Im Laufe des Tages drehte der Wind dann wieder auf Süd und wir konnten entspannt den Kurs auf St. Helena nehmen. In der zweiten Nacht nahm dieser dann kräftig zu und so düsten wir am Abend bei satten sechs bis sieben Beaufort aus Südsüdost unserem Ziel entgegen. Entsprechend ungemütlicher wurde die See und schwupps saß Karen in ihrer Wache dann mal schnell unfreiwillig im Wasser, als eine Welle ins Cockpit schwappte. Immerhin hatten wir diesmal kluger Weise die Fenster unter der Sprayhood geschlossen und mussten hinterher keine Koje trockenlegen wie es uns vor Australien passiert war. Eigentlich waren ja nur 5 Beaufort angesagt, aber es kam gerade mal wieder anders.

 

Netter Weise wurde der Wettergott gnädiger an den folgenden zwei Tagen und wir segelten ab der dritten Nacht sehr entspannt bei klassischen Südostpassat, so wie man es sich immer wünscht.

 

Ein kleiner Mahi-Mahi an der Angel lockerte den Segelalltag am vierten Tag auf. Mit mittlerweile bewährter Routine wurde beim losklickern der Angel von Karen gerefft um langsam zu werden, während Peter die Angel in die Hand nahm und sich auf dem Deck vor dem Sprayhood gut hinsetzte und die Leine mühsam einholte. Die Mahi-Mahis stellen sich nämlich immer quer beim Einholen und wehren sich ziemlich. So dauerte es schon ein paar Minuten, bis der Fisch eingeholt war und längsseits zum Cockpit im Wasser zappelte. Karen zog dann das Gaff kräftig von unten in den Bauch des Fisches und wuchtete ihn an Bord ins Cockpit, wo es einen über den Kopf mit der Winschkurbel gab. Und Ilkas profaner Kommentar vom sicheren Zuschauerplatz im Niedergang: "Den essen wir morgen und übermorgen." Der Fisch war nämlich kurz nach dem Essen an die Angel gegangen und die Kinder wissen anhand der Fischgröße die Portionen schon einzuschätzen. Diese sind natürlich nicht gerade klein...

 

Am fünften Tag der Überfahrt vermerken wir nur zwei wesentlich Dinge: 6.20 Uhr morgens werden die Positionslaternen aus gemacht und um 11.50 Uhr wechseln wir von unserer Passatbesegelung von Genua und Fock auf den neuen Reacher. Dieser zieht uns bis um 22.20 Uhr in die Nacht, wo der Wind von drei auf vier Beaufort auffrischt und das Segeln mit Genua und Fock wieder erträglich wird. Karen ist auch deutlich glücklicher, wenn sie nicht nachts mit der Blase am Bug segeln muss.

 

Unglaublich, aber gegen 3.20 Uhr am Morgen des sechsten Tages sichtet Karen ein grünes Licht von einem anderen Segler. Das Licht kommt immer näher im Laufe der nächsten Stunden und mit Tageslicht wird klar, dass uns doch tatsächlich der Katamaran SY Sea Level von Jim und Kent mit Crew Katrina in Sichtweite überholt. Karen hatte bei Wachübergabe noch mit Peter gewitzelt, dass SY Sea Level zum Überholen ansetzt. Wir wussten nämlich, dass sie am Tag nach uns Walvis Bay verlassen wollten. Aber dass wir dann nach Tagen auf See in Sichtweite sind, ist wirklich nicht so selbstverständlich. Wir quatschen über Funk mit Jim. Er erzählt, dass sie bei jedem Wachwechsel immer gewitzelt haben: "Keep a good lookout for Mango!"

 

Nachdem Sea Level überholt hat, ziehen auch wir wieder am Morgen unseren Reacher. Der Wind ist nämlich immer so grenzwertig für die beiden Vorsegel und die Welle ist etwas schaukelig-nervig. Dieser zieht uns bis nach dem Mittag und dann drängelt Karen mal wieder auf einen Segelwechsel. Peter lässt sich breit schlagen und am Nachmittag steht ein Zitat von Peter im Logbuch: " Wenn es mit 5,5 kt läuft, dann vermisse ich den Reacher gar nicht so doll." Am Abend erreichten wir wieder die westliche Hemisphäre. Der nullte Längengrad wurde von Mango auf 18 Grad und 03,5 Minuten Süd gequert. Der Kartenplotter zeigte nun für die nächsten Monate erstmal wieder ein W für die Länge an.

 

 

 

01 Der Kartenplotter bestätigt die Überfahrt des Längengrads von Greenwich

 

 

 

Der Wind war in der Nacht dann aber wieder weniger und die Schaukelei nervte. Nach Sonnenaufgang holte Peter also Karen aus der Koje und der Reacher ging wieder nach oben. Leider blieb er dort nur eine halbe Stunde, bevor sich in der ganzen Schaukelei der Block vom Spifall am Masttopp verabschiedete und der Reacher mitsamt der Rollanlage neben Mango ins Wasser fiel und als Bremse wirkte. Lautes Fluchen war die Folge, Karen kam wieder aus der Koje geklettert und gemeinsam wurde das Segel an Bord gehievt. Zum Glück blieb das Segel heil, sonst wäre die Stimmung an Bord wahrscheinlich noch ein paar Etagen tiefer gerutscht. So füllte dann also ein klatschnasser gelb-blauer Berg das Cockpit in den folgenden Stunden, irgendwie musste das Ding ja wieder trocken werden. Angesichts der Schaukelei zog es Peter vor nicht in den Mast zu klettern und den Block am Mast zu ersetzen. So trödelten wir also mit Genua und Fock weiter. Manchmal absolut nervig langsam, manchmal wieder erträglich.

 

 

 

02 Trocknen vom Reacher

 

 

 

Niklas besserte am nächsten Tag die Stimmung deutlich auf, als er seine selbstgebaute Lego-Dampfmaschine präsentierte. Die fuhr natürlich nicht unter Dampf, aber voller stolz führte er die Mechanik mit Muschelschieber, Kreuzkopf etc. vor. So langsam kam dann auch der Passat wieder in die Gänge und so segelten wir ab dem siebten Tag der Überfahrt in einem Tempo, wo Mango sich anständig in der Welle bewegte.

 

Peter sichtete dann am 9. Tag morgens um 7.05 Uhr Land. Ca. 1h später hing dann noch ein dicker Skipjack an der Angel, damit war das Essen für die nächsten Tage auf St. Helena geklärt.

 

 

 

03 St. Helena kommt näher

 

 

 

Mittags ließen wir den Motor an und eine halbe Stunde später fiel unser Anker auf fast 20m Wassertiefe vor St. Helena. Wir hatten den Hafenkapitän über Funk angerufen und wir bekamen gesagt, dass wir ankern sollten. Nur 5 Minuten nach Ankerfall wurden wir wieder angefunkt, dass wir uns eine Mooring nehmen sollen. Darüber waren wir froh, denn die Ankertiefe gefiel uns nicht sehr, obwohl auf der Leeseite der Insel fast Flaute herrschte. Unsere Ankerwinsch stöhnte ordentlich beim Aufholen des Ankergeschirrs aus der Tiefe, 20m war wirklich der Grenzbereich für uns.

 

Die Mooringtonnen lagen auf der anderen Seite vom Feld der Fischerboote, die alle an langen Mooringleinen vertäut waren. Die Bojen waren ganz frisch gelegt, so dass wir der dicken Boje vertrauten ohne ins Wasser zu hüpfen. Beim Festmachen half uns Jim von der Sea Level, die hinter uns an der Mooring hing. Die Leine war nämlich durch den Schäkel der Boje zu fädeln, die nicht sehr hoch aus dem Wasser ragte. Vom Bug aus jedenfalls sehr unhandlich.

 

 

 

04 Mango an der Mooring auf 14m Wassertiefe mit Blick bis zum Grund

 

 

 

Jamestown

 

Am Nachmittag ging es per Fähre an Land. Der Fährmann schrieb die Fahrt in seinem Buch an, denn bezahlt wird erst, bevor man davon segelt. Wir hatten auch noch gar keine Pfund um ihn zu bezahlen.

 

 

 

05 Der Eingang in den Ort

 

 

 

Unser erster Weg führte zur Polizeistation, wo auch die Immigration untergebracht war. Da Sonnabend war, dauerte es eine Weile bis die zuständige Beamtin kam. Erst hieß es, es dauert 15 min, daraus wurde eine Stunde. Nennt sich dann Inselzeit. So schäkerten wir derweil ein bisschen mit der Wache vom Gefängnis, welches gleich nebenan war.

 

 

 

06 Der Eingang zum Gefängnis

 

 

 

Das Einklarieren ging sehr nett, wir mussten mal wieder einige Gebühren zahlen. Taktisch wäre es von daher geschickter länger in St. Helena zu bleiben, denn je länger man bleibt umso billiger pro Tag wird der Aufenthalt. Leider hatten wir nicht ganz so viel Zeit und der Schwell an der Mooring war auch nicht so, dass man monatelang darin hin und her geschwojt werden wollt.

 

Die Bank von St. Helena besuchten wir als nächstes. Es ist dies eine der ganz wenigen Stationen unserer Reise gewesen, wo es noch kein Bankautomaten gab. Wir konnten dann auch wählen zwischen St. Helena-Pfundnoten oder Englischen Pfundnoten. Da wir noch nach England wollten, entschieden wir uns für letztere. Bezahlen konnte man überall mit beidem.

 

Dann schlenderten wir noch ein wenig durch den Ort, der einen starken britischen Charme versprühte. Viele Landrover, Hanging Baskets und sehr, sehr nette freundliche Leute. In einem Hotel wurde den Seglern eine kostenlose Dusche angeboten und dort gab es auch Internetzugang, den allerdings nicht kostenlos. Das Internet war elendig langsam, aber besser als kein Internet. Mit einem Handy kommt man auf St. Helena übrigens auch nicht weit, denn es gibt kein Netz auf der Insel!

 

Mit den Crews der SY Sea Level verabredeten wir uns für den nächsten Tag zu einem Inselausflug mit Führung um mehr als die Hauptstadt kennen zu lernen.

 

 

 

06 Die Hauptstraße von Jamestown

 

 

 

09 Die Markthalle mit historisch wertvoller Uhr davor

 

 

 

 

 

Inselrundtour

 

Die Tour startete in Jamestown. Erster Stopp war ein schöner Aussichtpunkt, wo man prima auf das Tal von Jamestown zurück gucken konnte.

 

 

 

 

 

13 Talblick

 

 

 

Wir sahen schon einmal von Außen das Domizil von Napoleon an, seine erste Grabstätte, das Haus des Gouverneurs mit Schildkröte und erfuhren viel über Land und Leute.

 

 

 

17 Longwood House

 

 

 

 

 

15 Gouverneurs House

 

 

 

 

 

16 Der Garten zum Haus

 

 

 

17 Cabbage Tree, für St. Helena speziell

 

 

 

Am Ende wagten wir noch einen Blick die Jakobsladder (699 Stufen) hinab, die den unteren Ort damals mit dem Fort und heute mit den Häusern oben verbindet, und auf den Ankerplatz in der Bucht vor Jamestown.

 

 

 

09 Jakobsladder

 

 

 

 

 

10 Blick vom Blue Hill auf die Ankerbucht

 

 

 

Beim Warten auf das Wassertaxi erkundeten wir noch den Kran am Anleger. Der Einstieg ins Wassertaxi war für hiesige Verhältnisse entspannt, wir fanden es trotzdem wieder spannend.

 

 

 

11 Kran am Anleger

 

 

 

 

 

12 Wassertaxi

 

 

 

Am späten Nachmittag gab es noch eine Haarschneide-Aktion. Peter und Niklas gingen wieder in ganz kurz, Ilka konnte wieder vorne unter ihren Haaren heraus gucken. Das Bad mit 23 Grad kühlen Südatlantikwasser im frischen Wind war anschließend ziemlich Geschrei auslösend bei den Kindern. Zum Aufwärmen gab es wieder eine ordentliche Portion Fisch zum Abendessen. Diesmal mit Couscous und heller Sauce mit Zucchini. Die Zucchini hatte uns Robert, der nette Tourguide, aus seinem Garten geschenkt.

 

Es folgte auf den Ausflug ein Pausentag, wo Peter den Watermaker bewachen und nebenbei noch ein paar Sachen an Bord erledigen musste, während die restliche Crew an Land 6 Kilo Wäsche in die Wäscherei gab sich im Castle Garden vergnügte und das kleine Inselmuseum besuchte.

 

 

08 Eingang zum Castle Garden

 

 

Longwood House

 

Per Mietauto fuhen wir selber einen Tag über die Insel. Als erstes besuchten wir Longwood House. Hier hat Napoleon als Gefangener nicht allzu schlecht seine letzten Lebensjahre verbracht. Wir haben eine lustige Führung durch das Haus gemacht. Die Crew der Sal Darago gab ihren guten englischen Humor dabei zum Besten. Die tiefe große Badewanne haben Niklas und Ilka am beeindruckendsten gefunden. Napoleon soll stundenlang darin gebadet und gelesen haben.

 

 

 

18 Garten von Longwood House

 

 

 

19 Der Billardtisch zum Vergnügen

 

 

 

20 Die Badewanne, in der Napoleon stundenlang gesessen haben soll

 

 

 

Ausflug zum Flagstaff Hill und Diane's Peak

 

Nach soviel Kultur brauchten wir Natur. Das Grün der Insel war für uns nach dem Trocknen Namibia eine Wohltat fürs Auge. Wir liefen auf den Flagstaff Hill und anschließend ging es auf den Höchsten Berg der Insel. Diane's Peak misst 823m. Darum ist Nationalpark und wir sahen viele schöne Pflanzen. Ilka verschwand zum Teil im hohen Gras und oben wurde es nebelig, aber es war sehr schön.

 

 

 

21 Blick vom Flagstaff Hill

 

 

 

22 In der Ferne konnten wir den Flughafenbau erkennen (Eröffnung 2015?)

 

 

 

24 Das saftige Grün der Insel

 

 

 

25 Blümchen am Wegesrand

 

 

 

26 Feuchte Passatwolken wabern am Berg

 

 

 

27 Ziel erreicht

 

 

 

28 Auf dem Rückweg durch den Kinderdschungel

 

 

 

Abschied von St. Helena

 

Zurück in Jamestown gönnten wir uns ein leckeres Essen im Oriental Restaurant bevor es mit dem Wassertaxi zurück an Bord ging.

 

Die Abendgestaltung von Peter fand in der Mastspitze von Mango statt. Er ersetzte bei dem leider immer noch blöden Schwell am Ankerplatz schön schaukelnd auf 13m+Rumpfhöhe den Block vom Spifall. Karen füllte derweil geduldig zwei Seiten Formulare pro Crewmitglied aus. Diese faxten wir vor Abschied nach Ascencion Island, damit wir dort einreisen durften. Ist ja schließlich eine Militärbasis, da muss man sich pünktlich anmelden!

 

Auf dem Markt und in den paar kleinen Lädchen ergänzten wir am nächsten Tag noch unseren Proviant mit frischen Obst, Gemüse und Brot für die Weiterfahrt, was schwierig war, denn das Angebot ist nicht üppig auf der Insel. Hier sind alle Selbstversorger.

 

Und dann hieß es Abschied nehmen von dieser liebenswerten Insel mit ihren super freundlichen Bewohnern und vielem britischen Charme. Ein wirklich lohnenswerter Besuch! Von unserer nächsten Insel im Südatlantik erzählt dann der folgende Bericht.