6. - 21. November 2011

 

1. Etappe

An Niklas Geburtstag ging es um 15:00 Uhr Anker auf. Wir verließen den Ankerplatz von Pangiamotu und segelten zur westlichen Ausfahrt aus den Riffen von Tongatapu. Zuerst begrüßte uns ein Südwind, dieser drehte gegen Mitternacht aber immerhin auf SSE. So segelten wir also dahin. Die Kinder mussten wieder Seebeine bekommen, sie lagen matt auf ihren Matten auf dem Boden und fühlten sich seekrank.

Am zweiten Abend beim Kochen entdeckten wir, dass unser Bratöl, gar kein Bratöl war, sondern Kokosöl zum Einreiben! Wir hatten uns schon gewundert, dass es so rauchte und schmecken tat es auch nicht toll. Die Flasche sah genau so aus, wie die normalen Bratölflaschen in allen Supermärkten der halben Welt und sie standen direkt neben dem Bratöl aus Sojabohnen. Das war ziemlich gemein platziert! Das kleingedruckte Hinweisschild „External use only“ hatten wir beim Kauf leider übersehen. Zum Glück hatten wir noch eine Dose Butter am Bord uns so gab es dann nur noch „Butter bei de Fische“ und anderem Bratgut.

Nach der zweiten Nacht hatten wir Südostwind, dieser sollte immer weniger werden. Auf der morgendlichen Funkrunde mit der SY Gruffalo und anderen Yachten, die am gleichen Tag wie wir aufgebrochen waren, wurde diskutiert, ob es nicht sinnvoll sei einen Stopp im North Minerva Reef einzulegen. Wir hatten das eigentlich bis dahin nicht vorgehabt, aber nach der Funkrunde fingen wir ernsthaft an, darüber nachzudenken. Der Wetterbericht verhieß noch zwei Tage Südost, bevor dieser in Flaute übergehen sollte. Dann war eher Südwind angesagt, je südlicher man war immer ungünstiger. Nicht so toll die Vorhersage. Somit beschlossen wir dann um 9:00 Uhr Kurs auf das North Minerva Reef anzulegen. Wir hofften durch eine Übernachtung dem Südwind etwas zu entgehen. Die Entscheidung durfte nicht auf die lange Bank geschoben werden, wenn wir noch im Hellen ankommen wollten. Aber immerhin wäre der Kurs bis Minerva mal wieder zur Abwechslung nicht hart am Wind, sondern eher halb. Karen rauschte daraufhin Kurs Minerva zügig durch ihre Wache, Peter ebenfalls. Es war ein herrlicher Segeltag. Um 17:45 Uhr erreichten wir den Pass ins Riff. Um 18:35 Uhr ging der Motor aus, wir lagen vor Anker auf der Ostseite des Riffs gegenüber vom Pass. Die Sonne ging unter und es wurde Dunkel. Gerade rechtzeitig!

 

North Minerva Reef

Das North Minerva Reef besteht aus einem Riffring, der bei Hochwasser leicht überspült wird und sonst nichts. Es kommt einem ziemlich unwirklich vor, dort zu ankern. Überall um einen herum ist nur Meer bei Hochwasser. Lediglich auf der Südseite gibt es einen Gittermast mit Leuchtfeuer und eine kleine Plattform, die nicht überspült wird. Bisher wird noch verhandelt, zu welchem Land das Riff gehören soll. Ansprüche haben sowohl Neuseeland als auch Tonga und Fiji angemeldet. Diese haben hauptsächlich wegen der Fischgründe um das Riff Interesse daran. Für Segler bedeutet das, dass man sich erstmal nirgendwo anmelden muss und einfach ankern kann.

Wir waren auch nicht die einzigen Segler, die das machten. Bei unserer Ankunft lagen schon 3 Boote dort und in den nächsten Tagen kamen noch 8 weitere. Wir waren ja nicht die einzigen, die das Wetter abwarten wollten. Zumal sich am ersten Morgen abzeichnete, dass die kommende Flaute länger anhalten sollte. Wir erholten uns erstmal mit einem schönem Bad um Mango. Am nächsten Morgen wieder Wetterbericht angucken: Frust, die Aussicht wird nicht besser. Am Nachmittag luden wir uns erstmal zu Besuch auf die SY Mabuhay ein. Wir hatten sie zuletzt in Savaii (Samoa) getroffen und freuten uns riesig, dass das Schiff wieder fit war um nach Neuseeland zu segeln. So kamen wir mal von unserem Schiff runter und hatten eine Abwechslung. Gesprächsthema war u.a. auch der Flieger der Royal Airforce aus Neuseeland, der am Mittag über das Riff gedonnert war. Im Tiefflug jagte er mehrmals über den Ankerplatz und fragte die einzelnen Yachten ab nach ihren Schiffsnamen, Name des Schiffsführers und Ziel. Da alle nach Neuseeland wollten, wollten sie noch die ETA (voraussichtl. Ankunftszeit) von allen wissen. Sie hatten offensichtlich eine Liste an Bord mit allen Schiffen, die sich schon in Neuseeland angemeldet hatten. Dies muss man mindestens 96h vor Ankunft in den Hoheitsgewässern tun. Wir hatten dieses schon von Tonga aus per Mail erledigt.

Der nächste Tag brachte immer noch keinen besseren Wetterbericht. Die Stimmung hing schon ziemlich im Keller. Wir wollten endlich weiter, denn viel kann man mit Kindern in North Minerva nicht machen. Außerdem hatten wir unsere Vorräte ziemlich heruntergefahren, da man in Neuseeland vieles nicht Einführen darf bzw. wir mal das unterste aus den Backskisten aufessen wollten, da große Supermärkte in Aussicht waren. Sonst fängt doch noch etwas an zu gammeln. Ein Stopp in Minerva war ja nicht eingeplant und es war klar, dass wir nicht zwei Wochen dort abhängen wollten und konnten.

Um auf andere Gedanken zu kommen, machten wir eine kleine Riffwanderung bei Niedrigwasser. Für Ilka mit ihren kurzen Beinen war es allerdings recht mühsam über das Riff zu laufen. So kam sie mit Karen nicht sehr weit. Dafür gab es aber viel anzugucken. Hauptsächlich Seegurken, Muscheln und Würmer. An der Riffkante nach innen hatten wir ein kleines Aquarium vor uns. Da es windstill war, konnte man schon ohne zu schnorcheln alles bewundern. Ein kleiner Riffhai schwamm zur Unterhaltung an uns vorbei. Mit den Besatzungen der anderen Boote wurde natürlich intensiv über die Wettervorhersage diskutiert. Zurück auf Mango gab es Abendessen und dann gingen wir mit wenig Hoffnung auf Wetterbesserung in die Koje.

Beim Abendessen bemerkten wir ein Kriegsschiff vorm Riff. Ups, was wollen die denn hier? Es gingen dann gleich über Funk so nette Geschichten los, dass im Vorjahr ein Kriegsschiff aus Fiji alle Segler zum Verlassen des Riffs aufgefordert hatte...

Nächster Morgen, nächster Wetterbericht: Dieser stellte in Aussicht, dass wir abends lossegeln könnten. Zwar eher Südostwind, mit Tendenz zu Südwind sollte kommen, aber immerhin Wind! Außerdem drohte von Norden her ein erstes tropisches Tief der Zyklonsaison auf Kurs Richtung Tonga oder North Minerva zu gehen. Da wollten wir doch lieber weg!

Wie sich jetzt herausstellte, war das Kriegsschiff aus Tonga. Sie kündigten an, dass sie am Nachmittag per Tender in die Lagune kommen und von allen die Papiere sehen wollten. Nun gut, wir hatten nichts zu verbergen, auch wenn wir die rechtliche Grundlage nicht ganz einsahen.

Wir fuhren am Vormittag erstmal auf die SY Pelagic. Ein australischer Katamaran mit deutsch-australischer Crew. Dort trafen wir auch die CUL8R-Crew und schwatzten kurz eine Runde. Wir verabredeten uns für den späten Vormittag am Ankerplatz neben dem Pass. Die beiden Crews der Katamarane wollten dort schnorcheln und wir ebenfalls. Da wir mittlerweile beschlossen hatten, abends zu starten, fuhren wir also mit Mango zum Pass und ankerten neben der SY Pelagic. Da um Mango doch mehr Strömung war, als gedacht, gingen Karen und die Kids nicht mehr groß schwimmen. Nur Peter nutzte die Stelle, um Mangos Unterwasserschiff für Neuseeland nochmals zu schrubben. Man darf dort nämlich nicht mit einem dicken Bewuchs einreisen, sonst wird man gleich an Land gestellt und fachgerecht abgesprüht.

Nach getaner Arbeit von Peter und Schnorchelausflug von der Pelagic und Gästen direkt im Pass, trafen wir uns nochmals zu einem Schwatz auf der Pelagic. Dabei gab es dann noch eine leckere Überraschung: Der Eissalon Minerva wurde eröffnet! Iris zauberte Eis aus dem Tiefkühler der Pelagic. Wir waren schwer begeistert!!! Zum Abschied bekamen wir auch noch eine Packung Müsli geschenkt, damit wurden die Sorgenfalten bei Karen wegen dem knappen Essen etwas ausgebügelt.

 

Weiterfahrt nach Neuseeland

Am 12. November ging es dann kurz vor Dunkelheit raus aus dem Pass von Minerva, kurz unter Motor und dann gleich die Segel hoch. Es wehte eine leichte Brise zum Start und wir glitten sanft dahin. Noch neben dem Riff bekamen wir dicht bei Mango eine Walshow geboten. Natürlich war der Fotoapparat gerade mal wieder nicht griffbereit... Die großen Tiere sind immer wieder beeindruckend. Es war so nahe, dass Karen anfing zu denken: „Jetzt aber nicht dichter, sonst jumpt ihr noch aufs Schiff!“ Die Gruppe schwamm dann aber zügig Richtung Süden davon, es bestand also nicht wirklich Gefahr.

Dank dem ruhigen Start wurden die Kinder immerhin nicht seekrank und die erste Nacht entspannt. Ebenfalls der folgende Tag. Am Abend querten wir den 180. Längengrad. Somit waren wir zurück auf der östlich von Greenwich liegende Globushälfte. Mango übrigens zum ersten Mal. Das Schiff wurde ja in Frankreich gebaut und von unserem Voreingner von Bordeaux zur Algarve in Portugal gesegelt. Das lag alles auf westlicher Länge.

Eine Stunde lief in der zweiten Nacht noch der Motor, da der Wind ganz weg war, aber sonst kamen wir die ersten vier Tage der Überfahrt ohne Motor voran. Der Wind kam allerdings immer südlicher als angesagt. So liefen wir von Anfang an hoch am Wind. Im Laufe der Überfahrt trimmten wir Mango immer erfolgreicher für das Segeln hoch am Wind. Dann hatten wir wieder eher Flaute am 5. Tag der Überfahrt und motorten Richtung Ziel für ein paar Stunden mit nur kurzen Unterbrechungen. Insgesamt haben wir aber zwischen Tongatapu und Opua nur 17h gemotort. Davon allein eine Stunde in das Minerva Riff und wieder heraus.

Der Wind, der nach dieser Schwachwindphase aufkam war zunächst ein SW-Wind, dieser drehte dann wieder mehr auf Süd am nächsten Tag. Wir mussten also immer mehr Richtung Neuseeland kreuzen, was die Dauer der Überfahrt natürlich verlängerte. Außerdem wehte der Südwind aus der Antarktis, für uns fühlte es sich an, als wenn wir bald Eisberge sichten würden. Ein Kleidungsstück nach dem anderen kam aus dem Kleiderschrank hervor. Selbst die Mützen, die wir noch gar nicht genutzt hatten, holten wir tief unten aus den Schapps.

So fuhren wir mit dicht geholten Schoten gen Süden. Für den letzten Tag der Überfahrt war angesagt, dass der Wind auf West drehen sollte. Somit holten wir also nochmal mit einem Kreuzschlag nach Westen aus. Als die Winddrehung kam, konnten wir endlich die Bay of Islands anliegen.

Gegen 15:00 Uhr des letzten Segeltages hatten wir dann endlich mal wieder Anglerglück und holten einen dicken Fisch (70cm) an Bord. Somit war das Essen klar für die nächsten drei Tage und mehr... Kurz darauf war Land in Sicht. Gemein war, dass der Wind immer mehr zulegte, als Peter gerade mit dem Kochen anfing. Karen machte das 3. Reff ins Großsegel, zum ersten Mal auf der ganzen Reise. Hatten wir um 15:00 Uhr noch 4-5 Beaufort gehabt, waren es um 19:00 Uhr dann 6-7 Beaufort und das ganze hoch am Wind. Wir nahmen die Fock ganz weg und rollten 2m der Genua aus. Sie war nur wenige Quadratmeter groß, stand aber besser als die gereffte Fock, da der Schotwinkel besser war. So hatten wir uns den letzten Abend auf See eigentlich nicht vorgestellt. Auf den Grib-Files waren nur 4 Beaufort angesagt! Immerhin wurde die Welle nicht unangenehm, da wir näher in Landabdeckung kamen. Um 22:00 Uhr hatten wir dann wieder alle Reffs aus den Segeln ausgeschüttet und es waren nur noch 8 Seemeilen bis zu unserem Ansteuerungspunkt in der Bay of Islands. Wieder mal kommen wir im Dunkeln an. Die Kinder schliefen schon vorne in der Koje und der Wind wurde immer weniger. Das Ende vom Lied war, dass wir die letzten zwei Stunden in die Bucht hinein motorten, weil kein Wind mehr war. Die Betonnung war zum Glück ausgezeichnet und die Ufer zeichneten sich gut ab. Um 1:35 Uhr am 21. November, 15 Tage nach Abfahrt von Tonga, waren wir dann fest am Quarantäne-Steg der Marina in Opua, Neuseeland. Noch ein Anlegerschluck und dann ging es in die Koje.

Wie Neuseeland uns am nächsten Morgen mit Sonnenschein weckte, was aus unserem großen Fisch wurde und wie das Prozedere mit Biosecurity, Customs und Immigration ablief, davon erfahrt ihr mehr im nächsten Bericht.