03. - 10. Oktober 2011

 

Über die Datumsgrenze

Zwischen Samoa und Tonga lag auf unserer Reise die Datumsgrenze (seit dem 30.12.2011 ist Samoa in einer anderen Zeitzone und die Datumsgrenze ist dann schon vor Samoa). Diese Grenze sieht, hört und riecht man natürlich nicht auf dem Meer. An Bord stellten wir deshalb einfach in der zweiten Nacht der Überfahrt den Kalender um. Den 5. Oktober gab es daher für uns nicht. Die Ruhe dazu fanden wir leicht, der Pazifik zeigte sich wieder sehr friedlich auf dem Weg. Nachdem wir den Windschatten von Savaii in 1,5h motorend hinter uns gelassen hatten, ging es gemütlich weiter. Der Wind wehte aus Ost bis Nordost mit gerade 3 Beaufort. Unterwegs übten wir fleißig den Namen unseres Zieles auszusprechen. Niuatoputapu wird von vielen Seglern als New Potato bezeichnet, weil es leichter über die Zunge geht. Wir wollten es aber lieber richtig benennen können.

Am Morgen unserer Ankunft schlief der Wind ein. Wir machten den Motor an, aber gleich wieder aus. Es klapperte komisch im Motorraum. Deckel hoch und was sahen wir: Die Halterung von unserer Zusatzlichtmaschine hatte sich verabschiedet, die Schweißnaht war gebrochen. Peter baute kurzerhand diese Lichtmaschine ganz aus und dann ging der Motor wieder an. Keine Stunde später sahen wir schon ganz deutlich Tafahi, die kleine Nachbarinsel von Niuatoputapu, unserem Ziel. Tafahi ist ein hübscher kleiner Vulkankegel, dagegen ist der Großteil von Niuatoputapu recht flach und nur eine deutlich niedrigere Hügelkette (max. 154m) zieht sich über einen Teil der 18km² großen Insel. Wir bekamen zur Begrüßung von der Inselgruppe eine dicke dunkle Wolke geschickt, die uns mal kurz Wind auf die Nase bescherte. Nach einer halben Stunde war der Spuk vorbei und wir waren fast vor der Einfahrt durch das vorgelagerte Riff. Diese Einfahrt ist durch zwei dicke Pfosten gekennzeichnet und wir machten sie gut aus. Kurz vor uns war ein anderer Segler Richtung der Einfahrt unterwegs. Plötzlich drehte er um und fuhr nicht weiter. Wir dachten schon, er traut sich nicht weiter, aber dann sahen wir was ihn ausbremste. Eine Walkuh mit Kalb schwamm direkt zwischen uns und seinem Boot. Wir sahen dann auch den Blas. Wir bremsten natürlich sofort und konnten noch einen Moment den Anblick der beiden Tiere genießen, bevor sie davon schwammen. Das war ganz schön dicht!

 

Falehau

Kurze Zeit später fiel dann unser Anker im Ankerfeld vorm Anleger vor Falehau. Per Funk meldeten wir uns bei Sia, sie kümmert sich um die Segler, die nach Niuatoputapu kommen. Wir hatten noch beim Ankermanöver schon die morgendliche Funkrunde gehört, die es hier gibt. So wussten wir schon Bescheid, dass am nächsten Abend ein Pig-Roast von Sia veranstaltet wurde. Sie war so freundlich und rief für die neu angekommenden Schiffe beim Zoll an. Custom und Immigration sitzen nämlich zwei Dörfer weiter auf der Insel. Diese wurden uns dann von Sia über Funk für den frühen Nachmittag angekündigt. Tatsächlich erschienen sie dann schon um 12.00 Uhr. Es hupte laut auf dem Anleger vom Dorf, das war das Zeichen für Peter in Bango zu springen und die Beamten abzuholen. Bango lag mit drei Erwachsenen an Bord ziemlich tief im Wasser. Zum Glück waren die Dame und der Herr, die zu uns kamen, nicht ganz so korpulent.

Das Einklarieren verlief sehr höflich und freundlich. Niklas musste auch nicht aus seiner Koje hervorkommen. Wir hatten am Vormittag nämlich bei ihm Fieber gemessen, nachdem er so komisch drauf war. Das Thermometer zeigte 40 Grad und der Hals war eindeutig eitrig. Eine Angina hatte er sich eingefangen. Er bekam ein Fieberzäpfchen, dass Antibiotikum wurde erstmal nur bereit gestellt. Damit stand die zweite Antibiotika-Packung bei uns auf dem Kartentisch, denn Peter hatte eine klitzekleine Wunde am Bein, die sich immer mehr entzündet hatte. Er hatte auf der Überfahrt deshalb begonnen Antibiotika zu schlucken. Das war gut so, endlich fing die Stelle an ordentlich zu verheilen. Somit waren wir mit zwei nicht gesunden Crewmitgliedern angereist. Wir wurden aber von den Beamten nur wie alle anderen gebeten, an Land beim Health Office vorbei zu gehen und unsere normalen Gebühren dort zu entrichten. Wir beschlossen, dass machen wir lieber später, wenn alle gesund sind...

Karen und Ilka gingen dann noch kurz an Land, einen ersten Eindruck von Niuatoputapu zu bekommen. Am Anleger wurden sie von spielenden Kindern begrüßt, die einen relativ ärmlichen Eindruck machten. Sie wollten gerne Süßigkeiten haben, aber wir hatten nichts dabei und vertrösteten sie auf später. Gleich am Anleger stand ein herunter gekommendes Gebäude und insgesamt machte der Ort auf den ersten Eindruck einen ärmlichen Eindruck. Verstärkt wurde dies von den Schrottteilen, die herum lagen. Uns fielen mehrere Einheitshäuser auf, die relativ neu aussahen. Unter einem Baum am Ufer hing eine Schaukel, bis zu dieser liefen wir. Ilka schwang sich begeistert darauf. Nun kamen ein paar Kinder an, die offensichtlich zu dem Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite gehörten. Mit einem Mädchen kamen wir auf englisch etwas ins Gespräch. Sie bestätigte, was Karen schon vermutet hatte: Die Einheitshäuser waren nach dem Tsunami, welcher im September 2009 hier angelandet war, aufgebaut worden. Acht Häuser vom Roten Kreuz und acht von der Kirche mit Geld aus Neuseeland. Bei dem Tsunami gab es neun Tote auf der Insel, es gab keinerlei Vorwarnung für die ca. 900 Bewohner. Das erklärt auch, warum die Insel einen ärmlichen Eindruck hinterlässt, denn das Wasser hat viel zerstört.

Trotzdem sind die Bewohner der Insel äußerst nett. Ständig wird man angesprochen und alle sind interessiert. Dabei drängeln sie sich aber nicht auf. Man lebt vom Fischen und jeder hat seinen Garten. Im Dorf laufen zahlreiche Tiere herum. Insbesondere die vielen Pferde vielen uns ins Auge. Viele Familien ernten die Blätter der Pandanus-Bäume, kochen diese, bleichen sie im Salzwasser und dann werden daraus kunstvolle Dinge geflochten, z.B: die Gürtel, die über dem Sarong getragen werden.

Die Insel wird einmal im Monat vom Inselfrachter aus Nukualofa, der Hauptstadt von Tonga, angefahren. Gleich an unserem zweiten Tag war der Inselfrachter zu Besuch und es herrschte großer Trubel auf dem Anleger. Früh am nächsten Morgen fuhr er wieder davon, eine Menschentraube winkte ihm hinterher. Die Fahrt mit dem Frachter ist nämlich die günstigere Möglichkeit zur Versorgung in die Hauptstadt zu kommen. Der Flieger kostet dreimal so viel, dafür geht er wöchentlich (ja, das war's dann aber auch schon mit öffentlicher Verkehrsanbindung). Da aber jeder genug Familienmitglieder in der Hauptstadt hat, ist es kein Problem dort für einen Monat zu bleiben. So wie in Samoa wird auch in Tonga eher noch in Großfamilien gelebt.

Niklas ging es zum Glück ganz schnell wieder besser, so dass wir das Antibiotikum ungeöffnet wieder wegstellten. Wir machten trotzdem die ersten drei Tage langsamer. Peter ging alleine zum Pig-Roast und am dritten Tag gab es nur einen Dorfspaziergang, einen langen Mittagsschlaf und abends noch einen schönen Pazifik-Film auf DVD. Wir schauten zu der Zeit gerade nach und nach eine BBC-Dokumentation über den Pazifik mit tollen Natur- und Tieraufnahmen und historischen Informationen, die wir in Suwarrow von einem Segler geschenkt bekommen hatten.

Am Sonntag bestand Karen darauf endlich mal einen Gottesdienst in der Kirche zu besuchen, denn der pazifische Raum ist bekannt für den opulenten Gesang in der Kirche. Außerdem hatte Sia die Segler ebenfalls eingeladen zu kommen. So waren wir dann pünktlich in der katholischen Kirche des Ortes. In Tonga geht man im Sonntagskleid in die Kirche, aber nicht in weiß wie in Samoa. Das Sonntagskleid besteht eher aus Sarong und Bluse, auch die Herren tragen vielfach einen Sarong. Über dem Rock wird zur Zierde noch ein geflochtener Gürtel getragen. Hut wird nicht getragen.

Beim Gottesdienst wurden viele Gemeindemitglieder mit einbezogen und es wurden extra die Segler in englischer Sprache begrüßt. Ansonsten wurde Tongaisch gesprochen. Der Gesang war dann wirklich eindrucksvoll. Fast die ganze Gemeinde sang mehrstimmig. Vorne war ein Dirigent mit Taktstock, er stand immer auf, wenn wieder gesungen wurde. Der Gesang ging einem ganz schön durch, unsere Kinder fanden es zu laut und flohen lieber auf die Wiese neben der Kirche. Wir saßen zum Glück gleich neben der Seitentür. Lediglich Karen hielt bis zu Ende durch.

Nach der Kirche waren wir mit anderen Seglern zum Lunch bei Sia eingeladen. Jeder hatte etwas zum Essen beigetragen und es war sehr lecker.

 

Zur Quelle

Am nächsten Tag zog es uns in den Hauptort Hihifo, denn dort entspringt die ergiebige Niutoua-Quelle, die ihr Wasser in einen natürlichen Frischwasserteich und dann in einer schmalen Rinne ins Meer ergießt. Laut Wikipedia wird von Einwohnern behauptet, „jemand, der nicht in die Quelle eingetaucht sei, wäre auch nicht wirklich auf Niuatoputapu gewesen. Der Sage nach ist die Quelle entstanden, als ein Dämon von Niuatoputapu einen Teufel von Samoa kitzelte und als dieser laut habe lachen müssen, sei die Quelle ausgebrochen.“

Wir liefen am Anleger los, wurden aber schon nach wenigen Metern von einem Pickup mitgenommen. Es war nicht irgendein Auto, nein, wir wurden von der Polizei persönlich auf der Ladefläche befördert. Man stelle sich das einmal in Deutschland vor! Die Fahrt ging bis zum Zoll, wir wollten nämlich den Weg gleich noch zum Ausklarieren nutzen.

Nachdem das nicht erledigt war, da die Beamten gerade woanders zu tun hatten, liefen wir auf der geteerten Straße zwischen Palmen weiter bis zur Quelle. Unterwegs trafen wir noch Oliver und Daniel von der SY Yellow-Dog. Die Quelle war ganz erfrischend nach der Wanderung, führte aber nicht viel Wasser. Wir blieben nicht lange, da es sonnig und heiß war. Zurück ging es vorbei an der Mündung der Quelle ins Meer. Unter einem großen schattigen Baum am Ortsrand von Hihifo machten wir Rast. Wir hatte einen Packung Kokoskekse dabei und diese hatten wir gerade geöffnet, als fünf Schulkinder des Weges kamen. Wir boten ihnen einen Keks an. Ehe wir uns versahen, hatten sie nicht nur einen Keks, sondern die Hände voller Kekse und unsere Packung war leer. So hatten wir das eigentlich nicht gedacht, aber nun gut, immerhin hatte jeder von uns einen Keks abbekommen.

Peter sprang dann nochmal schnell zum Zoll wegen dem Ausklarieren, während die restliche Crew weiter spazierte. Er holte sie schon nach kurzer Zeit ein und er hatte zum Glück alle Papiere bekommen. Als wir ungefähr auf halber Strecke waren, hielt wieder ein Pickup neben uns. Diesmal waren es die Zollbeamten. Sie nahmen uns bis zum Anleger mit. Ilka und Karen fuhren diesmal allerdings nicht auf der Ladefläche, sondern in der klimatisierten Kabine.

Am Nachmittag ging es ein letztes Mal in Niuatoputapu an Land. Wir verabschiedeten uns von Sia und schenkten Nede, dem Mädchen, mit dem wir am ersten Tag gequatscht hatten, ein paar Abschiedsfotos. Außerdem verschenkten wir noch unseren Kinderbuggy an eine Familie aus Hihifo. Er schwächelte immer mehr unter Ilkas Gewicht und es war absehbar, dass wir ihn nicht mehr brauchten. Eine Tüte zu kleiner Kinderklamotten hatten wir vorher schon bei Sia gelassen. Sie verteilt die Spenden der Segler weiter.

Wir verluden noch einen Sack Mangos auf Mango, wir fuhren nämlich als Mangotransporter weiter. Auf Niuatoputapu war gerade Mangosaison und der Sack sollte zu Verwandten von Sia.

Früh am nächsten Morgen ging es Anker auf zur nächsten Inselgruppe von Tonga. Vavau wartete ca. 180sm südlich von Niuatoputapu auf uns, davon aber mehr im nächsten Bericht.