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10. - 19. Januar 2013

 

Überfahrt

 

Wir sind am späten Nachmittag des 10. Januars ausgelaufen. Bei strahlendem Sonnenschein bleibt Kapstadt achteraus. Die markanten Felsen, die die Stadt einrahmen, werden immer kleiner. Vorbei geht es an Robben Island; fast 500 Seemeilen liegen vor uns, immer entlang der afrikanischen Küste.

 

Ein kräftiger Südwest pustet uns mit nur gereffter Genua gen Norden. Dieser schläft aber langsam ein und so startet der Motor gegen 20:30 Uhr. Leider muss er länger als erwartet schieben, denn erst kurz vor fünf am nächsten Morgen bequemt sich der Wind wieder zu kommen.

 

Über den Tag nimmt der Wind beständig zu, die Thermik zwischen Wüste und Meer im Tagesgang. Mit uns segelt seit dem Vormittag ein anderer Segler. Am Abend lassen wir ihn hinter uns, denn wir haben den Vorteil beim Reffen nicht "bremsen" zu müssen. Wir sind nämlich mit unseren beiden Vorsegeln bei achterlichem Wind unterwegs und rollen mit zunehmendem Wind immer mal wieder ein Stück ein. Dabei können wir bequem auf Kurs bleiben und der jeweilige Wachgänger kann es alleine machen. Auf dem anderen Schiff, welches unter Groß und Genua unterwegs ist, muss immer in den Wind gedreht werden, wenn das Großsegel kleiner werden soll. Bei der sich langsam aufbauenden Welle nicht gerade ein schönes Manöver. So zeigt sich wieder, wie praktisch unsere Segelkombi mit den zwei Vorsegeln vorm Wind ist.

 

In die Nacht geht es dann mit 6-7 Beaufort aus Süd. Der Wind nimmt bis zum Morgen kaum ab. Mittags haben wir ein Etmal von 161 sm, da hat natürlich auch der Benguelastrom geholfen. Zum Abend nimmt der Wind leicht ab. Weiter westlich, küstenferner, ziehen die großen Frachter nach Norden. Wir sehen sie in der untergehenden Sonne. Ganz ungewohnt, dass die Sonne nicht voraus, sondern quer von uns untergeht.

 

Die dritte Nacht ist schönes ruhiges Segeln angesagt. Nur ist es bitterkalt durch das kalte Wasser aus der Antarktis, welches der Benguela-Strom bringt. Nur 12 Grad zeigt das Thermometer vom Echolotgeber an. Entsprechend kühlt unser Schiff nachts aus. Die ersten Sonnenstrahlen am Morgen werden jeweils begeistert begrüßt. Das kalte Wasser ist aber auch Nährstoff reich und rund um Mango ist viel Leben im Wasser zu beobachten. Seelöwen plantschen nach wie vor ganz viel herum, Pinguine gibt es noch vereinzelt und viele Wasservögel. Im Gegensatz dazu sieht es an Land nur karg und trocken aus - Sanddünen.

 

Wir beginnen eher langsam zu machen, sonst kommen wir im Dunkeln an. Peter muss trotzdem noch in seiner letzten Wache in der vierten Nacht trödeln. Nur unter der Fock geht es ganz langsam um Point Diaz herum Richtung Angra Point.

 

So langsam wird die übrige Crew wach. Wir bummeln weiter, damit noch Zeit zum Frühstücken bleibt. Außerdem ist es einfach schön so dicht an der Küste das Morgenlicht zu genießen. Am Ufer sieht es sehr, sehr karg aus. Nur der Leuchtturm sticht bunt hervor.

 

Nachdem wir Angra Point passiert haben, kontaktieren wir Lüderitz Port Control per Funk. Wir werden freundlich begrüßt und uns wird gesagt, dass wir entweder ankern sollen oder eine freie Mooring uns picken können. Diese sind sogar umsonst. Zum Einklarieren sollen wir kommen, wenn wir in Ruhe fertig sind. Es sei nicht eilig. Das klingt ziemlich entspannt, finden wir.

 

Nicht so entspannt entwickelt sich derweil der Wind. Er hat zugenommen und auf der letzten Seemeile bläst es uns mit satten 30 Knoten auf die Nase.

 

Das Angeln einer freien Mooringtonne ziemlich weit vorne im Ankerfeld klappt zum Glück gut. Auf dem Nachbarschiff ist Bewegung und kurze Zeit später kommt Andrew vom Nachbarkatamaran vorbei gepaddelt. Er erzählt uns, dass die Mooring ok sei, sie wird sonst von Fischern genutzt. Es sei hier normal, dass am Nachmittag gerne mal 50kt Wind durch den Hafen pfeifen, dafür sei die Mooring locker ausgelegt. Er hilft uns aus dem Dinghi noch, eine anständige dicke Leine durch die dicke Mooringboje zu ziehen. Außerdem versorgt er uns mit ersten Informationen zum Ort. Ein netter Empfang ist das.

 

 

 

Lüderitz Stadt

 

Wir machen Bango startklar und fahren bald an Land. Das Einklarieren bei den Behörden in fußläufiger Entfernung erweist sich als unkompliziert. Dann schlendern wir durch die kleine Stadt. Der Ort ist wirklich sehenswert, die gründerzeitlichen Bauten könnten auch in Deutschland stehen. Die Straßennamen sind immer noch deutsch.

 

Als wir oben an der kleinen Kirche stehen mit Blick auf das Wasser, da pfeift der Wind schon wie blöd durch den Hafen, aber die Sonne wärmt und Mango liegt gut an der Mooring. Wir stehen neben der etwas höher gelegenen Kirche mit Blick auf die Bucht und die Kinder spielen 'sich gegen den Wind legen'. Gleich dahinter geht die Wüste direkt am Ende der Hauptstraße (Bismarckstr.) los.

 

Im örtlichen Supermarkt bekommt man alles Notwendige und ebenso gibt es eine Karte für unseren Surfstick im Telefonladen. In einem kleinem Souvenirgeschäft in der Bismarckstraße bekommen wir netter Weise einen kleinen Stadtplan, denn die Tourismusinformation direkt im neuen Gebäude am Hafen war nicht auf. Die Ladenbesitzerin erzählt uns in Deutsch wo wir ein Mietauto bekommen und verkauft uns die Eintrittskarte und die Genehmigung für den Besuch für unseren morgigen Ausflug.

 

Mit viel Rückenwind surfen wir mit Bango zurück zur Mango. An Bord wird lecker gekocht ohne Seegang und dann fallen wir alle in die Koje.

 

 

 

Kolmanskuppe

 

Es gibt nur eine Straße, die aus Lüderitz ins Inland führt. Diese führt durch das Diamanten-Sperrgebiet, welches die Stadt bis heute umschließt. Unser Ziel ist die verlassene Stadt Kolmanskuppe. Bei der Autofahrt dorthin werden wir nicht kontrolliert, damit muss man aber immer rechnen beim Verlassen der Stadt.

 

Wir saugen die Landschaft um uns herum mit den Augen auf. Welch Kontrast zu den grünen Drakensbergen in Südafrika. Wüste, Sand und Stein. Nur hin und wieder ein kleines, dorniges Gewächs. Dann nähern wir uns Kolmanskuppe. Von Weitem sind die Gebäude zu sehen, denn es gibt ja keinen Baum oder Strauch, der den Ortsrand verbergen könnte.

 

Kolmanskuppe ist wirklich einen Besuch wert. Für Fotografen sind die leeren Häuser, in die langsam der Sand der Wüste eindringt, ein tolles Motiv. Wir erfahren auf einer Führung viel über die Entstehung des Ortes. Grund für die Ansiedlung war der Fund von Diamanten im Jahre 1908. Aus dem Camp der ersten Diamantensucher entstand schnell ein für damalige Zeit luxuriöser Ort mit ca. 400 Einwohnern im Nichts. Die Blüte des Ortes war aber nur von kurzer Dauer. Schon 1930 wurde der Diamantenabbau verlagert, die Einwohner verließen die Stadt nach und nach. Seit den 60er Jahren ist die Stadt ganz verlassen. In den Häusern, wo Fenster und Türen geschlossen waren und der Sand nicht eindringen konnte, sind viele Sachen in dem trockenen Wüstenklima gut erhalten geblieben. Teilweise sind die Zimmer komplett möbliert zurück gelassen worden.

 

Eine Ausstellung in dem Ort informiert zusätzlich über den Diamantenabbau. Neben den Ruinen steht eine Anlage der heutigen Diamantengesellschaft. Die besitzt einen unglaublich riesigen Teil Namibias, das berühmte 'Sperrgebiet': 320km entlang der Küste, fast 100km ins Inland, ca. 3% der Landesfläche. Zwar alles Wüste, aber eben mit einigen Diamanten. Deshalb ist das Gebiet für alle Normalsterblichen tabu und wird eifersüchtig von militärisch ausgerüsteten Truppen bewacht. Auf bloßes unbefugtes Betreten – schon ohne Diamantensuche oder gar -beute – steht ein Jahr Gefängnis!

 

Mit modernen Methoden wird mittlerweile der Sand in der Gegend gesiebt, teilweise auch zum zweiten Mal, und es werden immer noch viele Diamanten gefunden.

 

Gestärkt durch einen Sandwich im Cafe für die Besucher der Geisterstadt geht es wieder am frühen Nachmittag zurück an die Küste.

 

 

 

Diaz Point

 

Wir fahren weiter zum Diaz Point und dem Leuchtturm nebenan, vorbei an Salzpfannen und Flamingos. Die Wüste der Halbinsel ist hier sehr steinig-felsig aber nichts desto trotz ist die Kargheit der Landschaft weiterhin für uns beeindruckend. Ein paar Springböcke erblicken wir unterwegs, und fragen uns, wovon die denn leben. Im Meer am Ufer natürlich viele Seelöwen. Die Wetlands der Second Lagoon sind voll von Flamingos. Dann weiter zur 'Großen Bucht' immer auf Schotterstraße durch karge Steinwüste. Nicht so die Gegend, wo man liegen bleiben möchte, unser Mietauto ist aber ziemlich neu und nimmt auch die Schotterstraße geduldig. An der Großen Bucht stehen wir völlig allein am Strand. Es prallen die Wellen des Atlantiks an den Strand und der Wind hat schon wieder zugelegt. Ein Wrack von einem Fischerboot, nur noch das Stahlgerüst, liegt am Strand. Der Ruderquadrant lässt sich noch erkennen, Technik, die Niklas begeistert. Ilka findet eher die vielen Muschelschalen toll, die zusammen gebacken aus den Felsen am Ufer ragen. Nach einem kleinen mitgebrachten Snack steigen wir wieder in das Auto, welches quietschrot in dieser Landschaft einen ziemlichen Kontrast bildet.

 

 

Achatstrand

 

Um unser Mietauto und den Tag vollends auszunutzen, fahren wir abschließend noch an den Achatstrand im Norden von Lüderitz. Der Weg führt uns unverhofft auf die "andere Seite" von Lüderitz, Erstmals fahren wir direkt durch einen Slum. Wellblechhütten säumen die Straße. Diese Seite von Lüderitz zeigt sich für uns unerwartet, nachdem wir einen Abzweig anders genommen haben. Später erfahren wir, dass etwa 60% der Bevölkerung arbeitslos sind. Die Bevölkerung wächst durch Zuwanderung, auch aus nördlicheren afrikanischen Ländern, aber eigentlich gibt es bis auf die Diamantgesellschaft und im Hafen keine Arbeitsplätze.

 

Weiter geht es vorbei an der von der EU geförderten Kläranlage. Dort schließt sich ein Stück grünes Land an, wo viele Tiere zu beobachten waren. Spring- und Reedböcke grasen hier. Grün ist es, da die Kläranlage die Gegend bewässert. Das ganze ist ziemlich umstritten, so genau weiß keiner, was da alles aussickert...

 

Der Strand selber ist riesig groß und es gibt viele Grillstellen. Hier muss wohl am Wochenende die Stadt hinziehen. Heute haben wir ihn fast ganz für uns alleine und sammeln ein paar Muscheln. Leicht rosa schimmert der Strand im Abendlicht. Zum Baden ist uns das Wasser viel zu kalt!

 

Zurück an Bord müssen wir uns erstmal von den vielen Eindrücken des Tages erholen. Wir bekommen noch Gesellschaft von Jimmy von der SY Sea Level, der sogar sein Bier mitbringt (ist wohl schon bekannt, dass es bei uns keins gibt). Gemeinsam orakeln wir über den Wind zum Weitersegeln.

 

 

 

Deutsche Bekanntschaften

 

Nach dem Ausflugstag startet wieder der "Alltag" an Bord. Vormittags wird mal wieder an Bord verbracht mit Schule, Kindergarten-Basteleien, Außenbordergetriebe zerlegen, Abwasch, Muffin backen und Wäsche zusammen suchen. Der letzte Punkt stand unverhofft an, denn an den folgenden Nachmittagen sind wir bei einer netten deutsch-südafrikanischen Familie mit Waschmaschine zu Gast.

 

Die Familie hat ihr Boot auch an einer Mooring und plant damit nochmal auf große Tour zu gehen. Die Eltern sind schon einmal um die Welt gesegelt. Die Kinder verstanden sich prima und das Angebot zur Nutzung einer Waschmaschine können wir natürlich nicht ausschlagen. Unsere Wäsche weiß gar nicht wie ihr geschieht: Eine Waschmaschine, die heiß wäscht und länger braucht als 30 min, ist sie gar nicht mehr gewohnt. Vor Schreck wird sie richtig sauber!

 

Unsere Bordapotheke wird noch unkompliziert mit Antibiotika aufgestockt, da die Eltern eine Arztpraxis betreiben. Außerdem erfahren wir an diesen Nachmittagen, die wir gemeinsam verbringen, viel Interessantes über Land und Leute. Durch diese Bekanntschaft lernen wir auch noch eine deutsche Biologin kennen, die über die Tierwelt im Sperrgebiet forscht. Finanziert werden die Projekte z.T. von der Diamantgesellschaft.

 

 

 

Niklas weint am letzten Abend Kullertränen, weil ihm der Abschied von Hans und Heiner sooooooo schwer fällt. Da haben wir mal wieder die Kehrseite von unserem schönem Seglerleben: Man trifft sich und man trennt sich.

 

Am Morgen des 19. Januars segeln wir weiter Richtung Walvis Bay. Mit uns fahren noch mindestens drei andere Schiffe gen Norden. Aber davon berichten wir im nächsten Bericht.